Sitzt du bequem, Bella? Gut hydriert und ausgepippert? Ich hoffe, ja. Denn ich werde dich gleich was Persönliches fragen. Und zwar knallhart: Sieht man dir dein Alter an?
Was für eine Montagsfrage! Und ja, das ist sonst im Alltag ziemlich irrelevant – ausser, du wirst nächste Woche 30 oder 40 oder 50 und hast vergessen, mich an deine grosse Party einzuladen – aber im heutigen Gespräch eben ziemlich essenziell, denn heute geht es um Anti-Aging… oder besser «Slow Aging» bei der Hautpflege.
Und zwar nicht mit einem neuen Produkt oder mit einem Marken-Experten, sondern mit einer Hey Pretty-Leserin. Denn die kommt GANZ GRAUENHAFT GUET DRUUS, wenn es um Skincare geht!
Das ist Maja. Maja ist 44 Jahre alt, also genau gleich alt wie ich, und ist Ärztin. Wir haben uns hier über Hey Pretty kennengelernt, denn Maja liest schon seit Jahren fleissig mit – und noch wichtiger – sie kommentiert auch ausgiebig.
Sehr schnell habe ich gemerkt, dass Maja richtig was versteht von Hautpflege, sodass wir angefangen haben, uns über Wirkstoffe und Hautpflege-Neuheiten auszutauschen. Erst virtuell, dann auch live bei supernetten Kaffeekränzchen. Da wir uns immer so angeregt unterhalten über Hautpflege und was es wirklich braucht, hat sie sich ganz schnell zu einem meiner Skincare-Gurus gemausert, denn als Ärztin hat sie nicht nur einen anderen Blickwinkel, sondern auch viel Know-How auf dem Gebiet, weil sie selbst ganz viel ausprobiert.
So haben wir beschlossen, unsere Erfahrungen mit wirksamen Actives zusammenzutragen. Unser Arbeitstitel für dieses Feature? «Graceful Aging with Actives» (trademarked by Maja, höhö), denn Maja fatzt nicht lange rum mit kommuner Hyaluronsäure oder Glyzerin, sondern steht auf richtige Power-Wirkstoffe, die richtig etwas bewirken in unserer Haut.
Wir haben zwei grosse Tassen Kaffee parat und legen los mit dem Skincare-Nerd-Gespräch auf Anti-Aging-Niveau!
Steffi: In unseren Gesprächen ist der Begriff «Skintellectual» gefallen, und der passt ganz gut zu dir, Maja. Was ist denn deine Philosophie, was Hautpflege angeht?
Maja: «Schöne Haut ist gesunde Haut – das bringt es auf den Punkt. Mindestens so wichtig wie Hautpflege sind Dinge wie gesunde Ernährung, Bewegung, wenig Alkohol, genügend Schlaf und kein Nikotin.»
Wollen wir jetzt zusammen auch noch ein Sonnenschutz-Liedli einstimmen?
«Jaaaa! Wenn ich jetzt wieder ganz jung wäre, würde ich mir den Ratschlag geben, gleich von Anfang an täglich einen SPF von mindestens 30 aufzutragen! Ein guter UVA-Schutz ist wichtig… und auch, dass man diesen ausreichend aufträgt. Ein Sonnenschutz «nur» im Make-Up reicht leider nicht aus, um Schäden vorzubeugen. Melanin, ob als Bräune oder als Pigmentfleck, ist die Folge von fragmentierter, also beschädigter DNA.»
Wir haben kürzlich zusammen beschlossen, ein Feature zu verfassen, weil du dich privat intensiv mit Hautpflege und sogenannten «Actives» auseinandersetzt, und auch viele deiner Freundinnen berätst.
Ich finde es faszinierend, wie du an dein Hautpflegeritual rangehst: Das läuft nach einem Plan, nicht wahr?
(Maja lacht) «Naja… ich finde, dass Hautpflege vergleichbar ist mit dem Training für einen Marathon. Da kann man anfangs mit relativ wenig Aufwand grosse Fortschritte erzielen. Wer sich dann aber weiter verbessern möchte, muss ja dann auch die Trainingsintensität steigern. «Eile mit Weile» würde hier zutreffen, denn ich habe selber gesehen, dass auch nach zwei oder drei Jahren Verbesserungen der Haut möglich sind.
Ich kenne Leute, die sagen: «Ich mag diese Creme, aber ich wende sie lieber nicht zu oft an, sonst gewöhnt sich die Haut daran». Das ist wie wenn du sagen würdest, dass du lieber nicht zu oft trainieren möchtest, weil du dann so wahnsinnig schnell wirst beim Rennen und dann immer öfter trainieren musst!». Seitdem ich mich intensiv damit auseinandersetze, welche Produkte ich wie anwende, sehe ich auch Erfolge: In den letzten 2.5 Jahren habe ich sicher 10 Jahre «weggecremt», und ich versuche, meine Haut immer weiter herauszufordern.»
Und das erreichst du mit drei sogenannten Actives – quasi den Star-Wirkstoffen in der Hautpflege, die richtig viel bewirken können: Retinoide, Vitamin C und AHA/PHA-Säuren… und genau für diese drei haben Maja und ich jetzt für dich eine Zusammenfassung gezaubert!
RETINOIDE
Retinoide fördern die Kollagensynthese und machen die Haut jünger, indem sie die Zellteilung, die sich im Alter verlangsamt, beschleunigen. Dadurch wird die Haut glatter und praller, Falten und Pigmentstörungen werden gemildert.
Kosmetika (also Hautcremen, Seren und Co.) mit Retinol, Retinylpalmitat oder Retinaldehyd sind auch rezeptfrei erhältlich. Einige Formulierungen (darunter z.B die rezeptpflichtige Creme Airol mit dem sehr wirksamen Tretinoin) gibt’s nur beim Hautarzt.
Anwendungstipps: Retinoide können die Haut reizen, besonders wenn man damit beginnt. Deswegen mit schwachen Präparaten anfangen, und das allenfalls auch nur 1-2 mal pro Woche, bis sich die Haut daran gewöhnt hat. Zudem sollte man Retinoide abends anwenden, da die meisten Präparate nicht besonders lichtstabil sind – und in der Schwangerschaft oder Stillzeit würde ich darauf verzichten.
Maja’s Holy Grail Produktetipp (nicht für sensible Haut!): Alpha H Beauty Sleep Power Peel, ca. 90 Franken
Steffi’s Holy Grail-Produkt für den Retinoid-Anfänger: Clark’s Botanicals Retinol Rescue Overnight Cream, ca. 120 Franken
VITAMIN C
Vitamin C ist ein hoch wirksames Antioxidans. Es neutralisiert freie Radikale in der Haut – das sind Moleküle, die durch UV-Strahlung und Hitze entstehen und die Hautalterung fördern. Vitamin C ist ideal für die Hautpflege, weil es günstig und verträglich ist. Es fördert die Synthese von Kollagen und Elastin und wirkt darum gegen Falten. Zudem werden Pigmentflecken aufgehellt.
Vitamin C arbeitet übrigens besonders gut in Kombination mit Vitamin E und Ferulic Acid (Ferulasäure) und wirkt dazu noch entzündungshemmend.
Maja’s Holy Grail-Produkt in Sachen Vitamin C: Skinceuticals CE Ferulic, ca. 180 Franken
Steffi’s Holy Grail-Produkt: Clinique Fresh Pressed (Kur für 1 Monat), ca. 100 Franken
AHA/PHA-SÄUREN
AHA- und PHA-Säuren sind im Grunde sanfte Flüssig-Peelings, die der Haut helfen, die oberste Hautschicht abzulösen, sodass darunter glattere Haut zum Vorschein kommt. Sie kurbeln auch die Kollagensynthese an und helfen bei Falten, Pigmentstörungen und fahler, müder Haut. Gängige AHAs sind Glykolsäure, Milchsäure oder auch Apfelsäure… viele kennen das mit der «Fruchtsäure» von der Kosmetikerin, da bei Gesichtsbehandlungen oft eine leicht brennende Maske aufgetragen wird.
Wer AHA-Säuren schlecht verträgt, kann übrigens auch PHAs probieren, sogenannte Polyhydroxy-Säuren – die sind einiges milder.
Maja’s Holy Grail-Produkt für AHA-Anfänger: Biologique Recherche Lotion P50 W , ca. 80 Franken (echli schwierig zum überchoo, aber bei Glow MBC in Zürich erhältlich und mit super Service!)
Steffi’s Holy Grail-Produkt für AHA-Anfänger: Radical Age Defying Exfoliating Pads, 78 Franken (auch super bei unreiner Haut!)
Steffi: Das sind ist sie also, die «heilige Dreifaltigkeit» der Actives, weil sie sehr wirksam sind und so e bitz Alleskönner sind: Retinoide, Vitamin C und AHAs. Kann man jetzt einfach drei entsprechende Produkte kaufen und damit loslegen?
Maja: «Grundsätzlich können alle, die eine gesunde Haut als Ausgangslage haben, mit Actives anfangen. Die Verträglichkeit der einzelnen Produkte hängt von der Konzentration der Wirkstoffe, der Zusammensetzung des Produkts, vom pH-Wert und auch auf die Häufigkeit und Art der Anwendung ab. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die meisten Leute Kosmetika finden mit aktiven Wirkstoffen, die sie vertragen.»
Gutes Stichwort: Merkt man schnell, dass man etwas nicht verträgt? Ich benützte zum Beispiel seit ein paar Wochen das Milchsäure-Serum von The Ordinary und habe gemerkt, dass ich sie nur alle zwei Tage anwenden kann, weil sich sonst die Haut an meiner Nase schält!
«Tatsächlich gibt es oft nach zwei bis vier Tagen rote, trockene Stellen, die sich auch schuppen können. Darum würde ich wirklich starke Präparate zuerst nur ein- bis zweimal pro Woche anwenden. Da sind wir wieder beim Training: Langsam anfangen und steigern.
Bei den Säuren kann es langfristig zur Überexfoliation kommen, wenn die Anwendung von Actives und Peelings die Haut sehr dünn werden lassen. Dadurch wird die Hautbarriere gestört, die Haut sieht sehr glänzend aus und wird dünn wie Seidenpapier. Auch da wieder: Einfach einen Gang zurückschalten mit den Actives!»
Wie wählst du deine Pflegeprodukte aus, so als «Skintellectual»?
(lacht) «Ich bin tatsächlich das Paradebeispiel einer Kundin, die sich gut informiert und wissenschaftlich erwiesene Actives sucht – und die finde ich meist bei Nischenmarken, die die Konzentration angeben und sinnvolle Verpackungen haben… so meide ich zum Beispiel Tiegel, in die man mit dem Finger reingreifen muss und bevorzuge Pumpspender. Und ich schaue auch darauf, dass Retinoide und Vitamin C vor Licht und Sauerstoff geschützt sind. Marken, die ich diesbezüglich mag, sind unter anderem Skinceuticals oder Drunk Elephant.
Gibt es Dinge, die dich in Sachen Vermarktung bei Hautpflege nerven?
«Ich beobachte, dass viele der grossen, bekannten Marken Präparate auf den Markt bringen mit Substanzen, die bombastische Fantasienamen tragen und mit vielen Versprechen daherkommen, aber für die es keinen Wirknachweis gibt. Ausserdem muss in der Kosmetik die Konzentration der Inhaltsstoffe nicht angegeben werden, so dass man die Katze im Sack kauft.
Das braucht aber von der Konsumentenseite ziemlich viel Zeit und auch Einsatz, um sich bei den Wirkstoffen einzulesen und quasi selbst zu suchen. Gibt es bei der Gesichtspflege grosse Brands, bei denen du trotzdem vorbeischaust und auch mal was kaufst?
«Ja, das gibt’s durchaus! Von grossen Marken wähle ich allerdings eher Reinigungsprodukte oder unspezifische Seren (damit meine ich, dass das Serum aus verschiedenen Wirkstoffen in tiefer Dosierung zusammengesetzt ist). Esteé Lauder’s Advanced Night Repair ist ein Beispiel für ein gutes, allgemeines Serum.»
Also, jetzt aber Nägel mit Köpfen: Wie würdest du vorgehen, wenn du eine Freundin (oder jetzt eine Hey Pretty-Leserin) berätst in Sachen Hautpflege?
«Zuerst muss man die Hauptanliegen und Nebenanliegen definieren. Was stört dich am Meisten an deiner Haut? Beispiele dafür sind Falten, Pigmentstörungen, schlaffe Augenlider oder grosse Poren. Nebenanliegen, also quasi «nicht-so-dringliche» können zum Beispiel fahle Haut oder eine schlaffe Textur sein.
Nach diesen Prioritäten wählt man dann die Actives aus: Bei trockener Haut würde ich die Actives eher in tiefer Dosierung empfehlen und reichhaltige Creme- oder Ölformulierungen bevorzugen. Fettige Haut hingegen toleriert diese Wirkstoffe auch in höherer Dosierung – dafür in leichteren Gel- oder Gel-Creme-Texturen.
Und an der Stelle ist es noch wichtig zu sagen, dass dehydrierte Haut nicht dasselbe ist wie trockene Haut: Einen tiefen Wassergehalt gibt es auch bei fettiger Haut. Da muss man viel trinken, Produkte mit Hyaluronsäure benützen, oder auch befeuchtende Hautsprays und Sheet Masks.
Und wie würde ein ideales Actives-Pflegeritual aussehen?
«Mein Vorschlag für ein Pflegeprogramm am Morgen… die wichtigsten Schritte sind fett gedruckt:
- Reinigungsschaum oder -crème
- Säurehaltiger Toner (AHA)
- Essenz
- Maske, wenn die Haut besonders frisch aussehen soll, z. B. Sheet Mask
- Serum, z. B. mit Vitamin C und Hyaluronsäure
- Gesichtsspray (Maja benützt grad das Highdroxy Hydro Spray)
- Augenpflege
- Tagescreme
- Sonnenschutz, mindestens SPF 30 (z.B. La Roche Posay Anthelios XL LSF 50 Fluid Ultraleicht oder Daylong Protect & Care Face Fluid SPF 50)
…und ein mögliches Pflegeprogramm für den Abend:
- Makeup Entferner
- Hautreinigung auf Ölbasis (z.B. Clinique Take the Day Off Balm oder The Body Shop Camomile Reinigungsbutter)
- Reinigungsschaum oder -crème
- Sanftes Peeling, zwei- bis dreimal wöchentlich (z.B. The Body Shop Drops of Youth Liquid Peel)
- Säurehaltiger Toner (AHA) (z.B. Rau AHA Tonic)
- Essenz
- Maske, zwei- bis dreimal wöchentlich
- Serum, z. B. mit Vitamin C und Hyaluronsäure
- Gesichtsspray
- Augenpflege
- Nachtcreme mit Retinoid (z.B. La Roche Posay Redermic R oder REN Bio Retinoid Anti-Ageing Cream)
- Gesichtsöl
Ich benutze meist zwei bis drei Seren, nämlich 1-2 «spezifische» mit einzelnen Actives in hoher Konzentration, z.B. Vitamin C, und ein «unspezifisches» (Serum aus verschiedenen Wirkstoffen in tiefer Dosierung).»
Damit kann man ja wirklich was anfangen, Maja! Hast du noch Geheimtipps «von innen», was eine schöne Haut angeht? Du bist immerhin Ärztin…
«Ich empfehle, dass man seinen Vitamin D-Wert beim Arzt messen lässt und allenfalls dieses als Präparat einnimmt. Besonders im Zusammenhang mit täglichem Sonnenschutz produzieren die Meisten von uns zu wenig Vitamin D selbst… aber auch bei Übergewicht oder bei der Einnahme von bestimmten Medikamenten kann der Speicher zu tief sein.
Da kann man ein Multivitamin-Präparat nehmen, oder auch ein separates Vitamin D-Produkt. Der Richtwert liegt bei 600 bis 1000 IU Cholecalciferol täglich. Nahrungsmittel wie Lachs oder Makrelen enthalten zwar viel Vitamin D, aber das reicht normalerweise nicht für eine genügende Zufuhr. Dazu habe ich auch gute Erfahrungen gemacht mit der Einnahme von Resveratrol, aber das ist ganz persönlich.»
Okay, und jetzt dein letzter Skincare-Tipp? Das «bring-es-auf-die-Basics»-Fazit?
«Mach’ dich nicht verrückt in Sachen Anti-Aging. Es gibt viel wichtigere Dinge im Leben, und Hautpflege ist ein Luxus, der Spass machen soll. Mit dem nackten Minimum aus täglicher Reinigung, Feuchtigkeitspflege und einem SPF tust du deiner Haut schon nachhaltig richtig was Gutes! Für ein Anti-Aging-Minimalistenprogramm finde ich übrigens Lubex anti-age day classic UV 30 und Lubex anti-age night classic empfehlenswert.»
Vielen Dank für das Gespräch und für deine Zeit, Maja!
UFF.
JA, ICH WEISS. Das ist ein langer Beitrag. Und Maja und ich nerden hier extrem ab in Sachen Hautpflege, aber ich finde es eben wahnsinnig spannend, wenn man über den individuellen Tiegel-Rand hinausschaut und sein Hautpflegeritual mal ein bisschen umfassend anschaut… und allenfalls überdenkt!
Für mich persönlich ist der laufende Kontakt mit Maja (und der Austausch von neuen Infos und Produkten!) total bereichernd, und ich habe auch dank ihr gelernt, meine Hautpflege richtig zu layern, damit sie auch die beste Wirkung erzielen kann.
Mein grösstes Learning? Dass ich mein aktuelles Masken-Programm von etwa 1x pro Woche deutlich erhöhen darf: Sheet Masks, here I come! Nur blöd, dass man damit mindestens 15 Minuten lang nicht reden darf, weil sonst alles verrutscht…
Zum Schluss hat mir Maja übrigens auch noch angeboten, dass sie gerne auch Fragen hierzu beantwortet!
Falls du also noch etwas wissen möchtest zum Thema Actives und Anti-Aging, dann kannst du einfach unten einen Kommentar hinterlassen und wir werden uns beide bemühen, zeitnah zu antworten, okay?
Jetzt kannst du ja glatt als Skincare-Expertin in die neue Woche starten!
P.S.: Sämtliche Produkte-Empfehlungen basieren auf unseren eigenen Vorlieben und Erfahrungen und sind in keiner Form gesponsort worden!